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Was macht eigentlich Christian Feißt?

Geschrieben von Thomas Walter (TT BaWü)
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Was macht eigentlich Christian Feißt?
Konsequent im Sport und im Beruf / Hier geht es zum Original Bericht von Thomas Walter auf TT BaWü
Mitte der Neunziger Jahre, die kleine Sporthalle des Friedrich-Eugen-Gymnasiums in Stuttgart: Jeden zweiten oder dritten Sonntag geht das Regionalliga-Team der Stuttgarter Kickers an die Tische. 5 – 10 Zuschauer im Schnitt. An Nummer eins beim Gastgeber ein schlaksiger junger Kerl, aufgewachsen in Hofweier (Südbaden), damals Student der Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim bei Stuttgart. Gut 20 Jahre später – er ist jetzt 45 Jahre alt - treffen wir uns zum ersten Mal wieder, im Südosten von München: Dr. Christian Feißt spielt kein Tischtennis mehr. Stattdessen steckt er seine Energie in Energie, den Aufbau der GreenCom Networks AG. Er ist Gründer und Vorstandsvorsitzender des internationalen Unternehmens mit knapp 50 Mitarbeitern, das Konzepte und Software für eine digitalisierte, nachhaltige Energiewirtschaft entwickelt. Aus den Händen von Fürst Albert von Monaco erhielt er im Jahr 2012 den CleanEquity Award, einen internationalen Preis für Technologien der nächsten Generation.  Im Gespräch kommt Christian Feißt immer wieder auf „Konsequenz“. Mit der hat er sich in die Deutsche Jugend-Nationalmannschaft gespielt, mit der hat er auch „im Leben danach“ viel erreicht. Sein Werdegang ist ein schönes Beispiel, wie eine „Duale Karriere“ gelingen kann. Eigenschaften und Fähigkeiten, die man im (Tischtennis-)Sport erlernt, können auch im Berufsleben sehr hilfreich sein.

Mitglied des TTBW-Kaders und der Jugend-Nationalmannschaft

Begonnen hat Christian Feißt mit 7 Jahren beim TuS Hofweier, der später in die TTSF Hohberg fusionierte. Schon kurze Zeit später wurde sein Talent entdeckt und er trainierte als Mitglied des Baden-Württemberg-Kaders am Stützpunkt in Offenburg. Besonders der südbadische Verbandstrainer Rudolf Melegi hatte es ihm angetan. „Ein genialer Typ als Sportler und als Trainer, aber auch als Mensch“, schwärmt Christian noch heute. „Er war nicht nur Tischtennis-Nationalspieler in Jugoslawien, sondern spielte in der ersten Jugoslawischen Liga Basketball und Handball. Er war bei jedem Turnier mit dabei.“ Ab dem 11. Lebensjahr gehörte Christian dann dem Nationalkader an, der in der Regel in Heidelberg trainierte. „Das war dann noch mal ein anderes, ein extrem gutes Niveau.“

In Offenburg gehörte auch das damalige Zweitliga-Team der DJK mit Achim Stoll, Andi Decker und Bruno Lehmann – unter der Leitung von Horst Haferkamp, heute Präsident des Südbadischen Verbandes – zur Trainingsgruppe. In dieser Zeit stellte sich für Christian und damit auch für seine Familie die Frage, das DTTB-Angebot anzunehmen, in das damalige Internat nach Heidelberg zu gehen. Gemeinsam mit den Eltern entschied er sich gegen diese frühe Fokussierung auf den Sport.

Sportlich einer der Besten in Süddeutschland

Dennoch erspielte sich Christian große sportliche Erfolge. Viermal gewann er die süddeutsche Rangliste bei den Schülern und Jugend. Bei den Deutschen Meisterschaften holte er sich eine Bronze-Medaille im Doppel und bereits im vorletzten Jugend-Jahr platzierte er sich als Fünfter beim Bundesranglisten-Turnier. „Im Jahr darauf war von den vor mir Platzierten nur noch Torben Wosik dabei. Er trat an diesem Wochenende jedoch nicht an. Damit war ich Favorit. Doch am Abend vor dem Wettkampf musste ich mit Verdacht auf Blinddarm ins Krankenhaus“, kann sich Christian noch heute ärgern, den großen Wurf verpasst zu haben. Auch die Südbadische Herren-Rangliste gewann er bereits als Jugendlicher, trotz der starken Zweitligakonkurrenz.

Nach seiner Zeit in Hohberg und Offenburg zog es ihn aufgrund seines Studiums in Hohenheim zunächst fünf Jahre als Spitzenspieler zu den Stuttgarter Kickers in die Regionalliga (damals dritthöchste Spielklasse). Danach hängte er noch je eine Saison bei den Liga-Konkurrenten Kareth-Lappersdorf und Bayern München dran. Bei den Bayern spielte er gemeinsam mit dem heutigen Geschäftsführer des Bayerischen TT-Verbands, Dr. Carsten Matthias, in einem Team. Dabei gelang Christian Feißt zum Abschluss der Karriere der Meistertitel und Aufstieg in die 2. Bundesliga. In den Folgejahren half er seinem Heimat-Club TTSF Hohberg nur noch „ein paar Spiele gegen den Oberliga-Abstieg“ aus. Dieser Kontakt ist bis heute erhalten geblieben, Christian ist immer über den aktuellen Stand informiert – schon deshalb, weil Bruder Michael und Vater Edmund weiterhin engagiert im Hohberger Vorstand mitwirken.

„Duale Karriere“: Leistungssport und Ausbildung gingen einher

Wie schafft man das, im Sport deutsche Spitze zu sein und „nebenbei“ beruflich alle Möglichkeiten auszuschöpfen? Einen Teil der Antwort gibt Christian Feißt in seiner ehrlichen Einschätzung der Trainingsumfänge früher und heute: „Es war damals einfacher, weil mit 3 – 4-mal die Woche Training die nationale Spitze erreichbar war, heute trainieren die Jugendlichen wohl das Doppelte.“ Und dennoch: Hatte er Wochen-Lehrgänge in Heidelberg, musste auch er den Unterrichtsstoff anderweitig nachholen. „Mir fiel das in der Schule immer leicht“. Und dennoch: Konsequent musste er auch da sicherlich sein.

Früher beim Sport, heute im Job unter Strom

Bis Ende 1998 studierte Christian Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim. Dann startete er beruflich in einer Unternehmensberatung, war auch in Italien tätig. Für ein Jahr kehrte er nach Hohenheim zurück, um zu promovieren. „Das ging extern in einem Jahr, wäre ich in Hohenheim geblieben, hätte es vier Jahre gedauert – das war mir zu lang.“

Mit einem Grinsen erzählt er rückblickend die Geschichte zu seiner Diplomarbeit: „Ich wollte unbedingt in einer Unternehmensberatung schreiben. Der Professor bot mir drei Themen an: Strom, Strom und Strom. Aber: Strom – der kam für mich früher nur aus der Steckdose“, deutet er an, bis dahin kein Experte auf diesem Gebiet gewesen zu sein. „Das Thema habe ich nicht freiwillig bearbeitet, bin aber so in diese Branche reingerutscht.“  Er hat sich der Thematik angenommen – und es hat sich gelohnt.

Im Beruf durchgestartet

„Die Zielsetzung Digitalisierung in der Energiewirtschaft ist hoch spannend. Unsere Zukunft wird durch Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Elektroautos und Wärmepumpen geprägt sein. Dieses nachhaltige Energiesystem kann nur durch digitale Vernetzung funktionieren. Früher hat man ein Kraftwerk vereinfacht gesagt bei Bedarf gestartet. Die Sonne und den Wind kann man allerdings nicht beeinflussen. Deshalb müssen Verbraucher und Speicher wie Elektroautos oder Wärmepumpen digital gesteuert werden, um der Stromproduktion zu folgen - dazu liefern wir die Technologie, programmieren die Software“, so Christian Feißt.

„Wenn man es nicht selber macht, machen es andere“, ist ein Motto von ihm. Deshalb war er mit seiner Start-up-Firma als einer der ersten in dieser Branche dran, darauf beruht sicherlich auch der Erfolg der GreenCom Networks AG, die er nach seiner ersten Berufsphase in der ersten Berufsphase und danach bei Cisco Systems gründete. Sein Unternehmen beschäftigt europaweit knapp 50 Mitarbeiter. Der Technologie-Standort ist Sophia Antipolis, bei Nizza. Christian Feißts Expertise ist auf vielerlei Ebenen gefragt.

Neben der Verleihung des CleanEquity Award in Monaco aus den Händen von Fürst Albert (Foto) erhielt er eine Einladung ins Bundesumwelt-Ministerium, um das Thema Energiewende zu erörtern. Zudem hält er weltweit Vorträge zu seinem Spezialthema der Digitalisierung in der Energiewirtschaft, mal vor der Haustür bei der IHK in Karlsruhe, mal in Berlin, in London bis nach China. Entsprechende YouTube-Videos dazu sind im Internet reichlich zu finden.

Tischtennis früh beendet – Familie und Beruf jetzt im Fokus

Unmittelbar nach Studienende und mit dem Berufseinstieg als Unternehmensberater beendete Christian Feißt seine Tischtennis-Karriere. „Ich war die ganze Woche irgendwo in Europa oder auch darüber hinaus unterwegs. Und ohne Training wollte ich nicht spielen.“ Da war sie wieder, die Konsequenz in seinem Leben. Ganz das Motto: richtig oder gar nicht. Wenn auch schade für den Tischtennissport, einen Spieler seiner Qualität nicht mehr als aktiven Spieler dabei zu haben.

Sein Leben „nach dem Tischtennis“, das ist die Familie mit seiner Frau Annette und den beiden Jungs,  Mikael (kommt übrigens von Mikael Appelgren, dem früheren Tischtennis-Europameister und Vorbild) und Luis, die ebenfalls sportlich aktiv sind, wenn auch nicht im Tischtennis. Zu Hause ist er in Brunnthal, südöstlich von München. Dazu die Arbeit mit der GreenCom Networks AG. Da ist die Zeit gut gefüllt.

Tischtennissport – eine Schule fürs Leben und den Beruf

„Wenn mein Kind so viel trainiert, hat es doch keine Zeit mehr für die Schule!“ Diese Aussage von Eltern hat sicher jeder Jugendtrainer schon einmal gehört. Dass der Sport eine Ergänzung ist, einen Mehrwert in der Entwicklung junger Menschen darstellt, das beweist Christian Feißt. Seine Einschätzungen beeindrucken, bewertet man zudem seinen beruflichen Werdegang. „Tischtennis hat mich sehr stark geprägt.“ Dazu führt er eine Reihe an Beispielen auf.
Da ist zunächst einmal die Fähigkeit, auf den Punkt fit zu sein. „Früher musste ich bei einer Deutschen Rangliste im entscheidenden Moment meine Leistung bringen. Heute ist das ähnlich, wenn es darum geht, in China vor hunderten Experten einen Vortrag zu halten. Trotz Nervosität soll ich da meine beste Leistung bringen. Man lernt, mit der Anspannung gut umzugehen.“
Eine weitere Grundlage ist die Ausdauer: „Es gilt einfach, dranzubleiben – im Positiven und im Negativen.“ Wenn es im Sport nicht klappe, dann müsse man intensiv trainieren. Im Beruf kann das brutal hart sein, so wie die ersten fünf Jahre in meiner Firma. Erst danach ist es richtig gut gelaufen.“ Voraussetzung für diese Eigenschaft wiederum ist Talent und Fleiß. „Manches funktioniert gleich, manche falsch trainierten Dinge muss man eben ändern, bis es klappt.“ Auch den Aspekt der sportlichen Fairness spricht Christian Feißt an: „Die erwarte ich von Sportlern, die meine Kontrahenten sind, und im Beruf von meinen Partnern. Langfristig lohnt sich das immer.“

Zuletzt hält er Teamwork im Sport und im Beruf für wichtig. „Als Sportler benötigst Du ein funktionierendes Umfeld, den Trainer, die Mannschaft, die Helfer. Auch in meinem Unternehmen ist das Team wichtiger als das Individuum. Es gilt, mit allen Mitarbeitern der Firma auf Augenhöhe zu sprechen und gut zusammenzuarbeiten.“ Die Überzeugung in seinen Worten macht mehr als deutlich, dass Christian Feißt diese Handlungsorientierung konsequent zu verfolgen versucht.

Empfehlungen eines leidenschaftlichen Sportlers

Welche Tipps kann Christian Feißt den jungen Tischtennis-Spielern geben, nicht nur für ihren Sport? „Du solltest das machen, was Dir Spaß macht. Nur so ist Erfolg möglich.“ Mit dieser Aussage spielt er auf ein dauerhaftes Tun an. „Du braucht eine Eigenmotivation“, ist er überzeugt, dass „Kinder wollen müssen“. Sehr stark schätzt Christian im Rückblick den Wert von Wettkämpfen. „Man will sich messen“, spricht er den vor allem bei Jungs ausgeprägten Sinn für den sportlichen Vergleich an. „Deshalb ist es wichtig, Turniere zu spielen, am besten mit einer ganzen Vereinsgruppe. Denn: „Die Gemeinschaft mit Mannschaftskollegen tut gut, eine Gruppendynamik wird erzeugt, alle haben Freude, dabeizubleiben.“

Dass bei all diesen Erfahrungen und Erkenntnissen das Prinzip der Konsequenz und eine persönliche Gelassenheit keinen Widerspruch darstellen, dieses Gefühl und diese Überzeugung vermittelte Christian Feißt bei unserem Wiedersehen eindrücklich.

Autor: Thomas Walter
Fotos: GreenCom Networks, privat